Lieber Ralf,
ich weiss um deine einwaende und respektiere sie auch. Aber deine versuche, schutzraeume zu schaffen oder deren schaffung zu unterstuetzen, zeigen in die falsche richtung.
Wir muessen in grossen zeitraeumen denken. Und da wird sich das prinzip "Wissen ist immer Welterbe" durchsetzen, weil es rational ist. Das, was wir heute sehen, ich laecherliches luegenspektakel.
Wenn wir dieses prinzip anwenden, dass all unser wissen auf der arbeit unserer ZeitgenossInnen und Vorfahren ruht, dann verbietet sich jede private aneignung irgend eines theoretischen ergebnisses.
Mit der geleisteten zeit fuer die realisierung von ideen und modellbildungen sind wir eingebettet in ein grosses geflecht von beitraegen an gemeinschaftlichen aufgaben. Wir koennen auch sagen, dass die meisten menschen in den sogenannten industrialisierten laendern parasitaer existieren. Sie tragen nichts bei, obwohl sie einen enormen aufwand verursachen.
Ich denke, an dieser stelle koennen wir ansetzen. Das ziel ist, dass jede person mindestens der gemeinschaft gibt, was sie von ihr nimmt. Wir koennen diese bilanz auch auf groessere zeitraeume ausdehnen.
Wenn wir also das gefuehl haben, gerne zu geben, dann fragen wir nicht in jedem detail, wer das resultat verwendet. Es interessiert uns nicht. Aber der raum bleibt fuer uns offen, jedes parasitentum, jede form der vernutzung der gemeinschaft fuer egoistische interessen, aufzuloesen.
Selbst in dem kleinen bereich FreiFunk oder Free Software Foundation sollte sich jedE fragen, welchen beitrag sie selbst leistet. Und wir sehen doch, wie massiv der nachholbedarf eigentlich ist.
Eine kommerzialisierung findet auf verschiedensten ebenen statt. Jeder haendler ist im kern parasit. JedE nur konsument. Letztlich geht es darum, dass wir uns aus dem passiven raum verabschieden, um kreativ und aktiv zu werden.
Richard Stallman ist fuer mich die protofigur fuer diesen nonsens, den die FSF organisiert. Und mit meiner direkten erfahrung 2012 zum Congreso Nacional Software Libre in Caracas mit ihm fand ich auch alle meine ahnungen bestaetigt. Es entspricht eben der US-kultur.
Unsere geschichte ist ja eigentlich eine andere. Und trotzdem ist in der FreiFunk umgebung der reine Konsumismus dominant. Ich habe ja noch keine einzige diskussion verfolgen koennen, wo es um die grundlagen der telekommunikation geht.
Ausgangspunkt war ja Saatgut. Das, was die pflanzen entstehen lassen. Wir sind dazu nicht in der lage. Wir koennen eingreifen, ja. Aber alle direkten eingriffe sind destruktiv. Die unterstuetzung der mutation ist die alte kunst der bauern und gaertner und wird seit tausenden jahren angewandt. Denke nur an die klostergaerten der letzten jahrhunderte.
Sollen wir diesen wahn, den wir heute erleben, ernst nehmen? Ihn respektieren? Sich uns an ihm orientieren? Sollen wir uns selbst zu wahnsinnigen umformen?
mit lieben gruessen, willi Asuncion, Paraguay
On 25/4/2017 15:19, R. Lohmueller wrote:
Hallo Willi,
open source heisst "jeder darf es anschauen und sich sein Urteil darüber bilden und in seine eigenen Ideen einbauen".
Aber nicht automatisch "jeder darf damit machen, was er will und einfach weiterverwenden/Profit damit machen".
Die größten Nutznießer der OpenSource (Software-) Bewegung z.B. sind die Software Entwicklungsabteilungen der großen Firmen. Anstatt Leute zu beschäftigen, wird dort geklont und geklaut, was github und Konsorten hergeben.
Als Softwareentwickler kommt man immer mehr unter Zeitdruck und Stress durch Sprüche, wie "schau'n 'se mal 'auf GitHub". Mich viecht das echt an.
Wie sähe denn Dein Modell aus bzgl. Verwertung von Lebens-/Arbeitszeit?
Bsp: Alice hat eine ganz tolle Idee, steckt ca. 8 Wochen Zeit in die Kodierung und Dokumentation. Alice möchte aber, daß das Projekt sauber und anständig bleibt und gibt Einblick in ihr Arbeit und Arbeitsweise. Jemand anderes (Bob) hat nichts anderes zu tun als die Farben zu ändern und den About-Dialog und es in seiner Abteilung zu verwenden. Bob spart sich damit eine Menge Arbeitszeit und freut sich über lange Pausen. Und jetzt? Was bleibt Alice für Ihr Wissen und ihren Einsatz?
Bei Saatgut ist es doch ähnlich. Der "kleine" Züchter, der seine alte Apfelsorte pflegt und weiterzüchtet, veröffentlicht seine Arbeit. Aber was bleibt ihm, wenn jemand anderes das aufgreift und kommerzialisiert? Glaubt jemand wirklich, wenn in der Lizenz d'rin steht, daß die Information/Arbeit nicht kommerziell genutzt werden kann, sich Profitorientierte Nassauer darum scheren?
Ich bin ein absoluter Verfechter von freier Kommunikation, Verbreitung und Vermittlung von Wissen. Aber langsam sehe ich es immer kritischer, das mit dem "Open".
gruss, ralf.