Am Dienstag, 29. Oktober 2013 14:51:06 schrieb Volker Grabsch:
Liebe Liste,
ich bin heute auf eine interessante Abwandlung einer Standard-Lizenz gestoßen. Der Lizenztext ist zunächst identisch zur 3-Klausel-BSD-Lizenz, enthält jedoch
zusätzlich die folgende 4. Klausel: | Any modification to the source code MUST be made available to [COMPANY] | and contributors free of charge and under the same conditions as | stated in this license.
Ich habe dazu folgende Fragen:
Kann man Software unter dieser Lizenz immer noch als "Open Source" beziehungsweise "Freie Software" bezeichnen, oder ist die Einschränkung durch die 4. Klausel zu stark?
Es ist dann keine Freie Software mehr (und da Freie Software == Open Source == FLOSS == FOSS == Libre Software), auch kein Open Source.
Das "made available" ist nicht immer erfüllbar, damit ist Freiheit 4 (Verbessern) verletzt in Zusammenhang mit Freiheit 1 (auf immer). Gehen wir davon aus COMPANY acceptiert die "Sendung" der Änderung nicht, oder verschwindet, dann kannst Du die Bedingung nicht mehr erfüllen. COMPANY kann sich beispielsweise entscheiden eine Änderung nicht "anzunehmen" (im Sinne eines Briefes).
Um die Software frei zu machen, müssten Empfänger der Software unabhängig von COMPANY damit weitermachen können. Die Klausel verbietet das.
Falls es kein Open Source mehr ist, wie kategorisiert man diese am besten, ohne gleich "proprietär" zu sagen? Denn mit "proprietär" würde man sie auf eine Stufe stellen mit den klassichem "Ihr dürft nichts. Disassemblieren verboten!" Das erscheint mir dann doch ungerechtfertigt. Gibt es dafür Fachbegriffe? Mir würden spontan "Fast Freie Software" und "Almost Open Source" einfallen, aber ich glaube, diese treffen den Kern nicht ganz.
Nein, "proprietär" ist da meiner Ansicht nach passend. Vielleicht "gerade noch proprietär".
Falls es kein Open Source ist, wäre obige Lizenz trotzdem mit der GPLv3 vereinbar?
Natürlich nicht. Auch nicht mit GNU GPLv2. Ist ja eine weitere Einschränkung (Pflicht).
Gibt es andere Fälle, in denen Autoren (bzw. Firmen) eine ähnliche abgewandelte BSD-Lizenz verwenden? Es gibt doch sicher sehr viele Leute, denen obige Abwandlung naheliegend erscheint. Gibt es zu dem Thema bereits bekannte Fälle, Diskussion oder gar wissenschaftliche Ausarbeitungen?
Ja, so was habe ich bestimmt schon ein paar Mal gesehen. Diskussionen dazu auch. Aber der Fall ist relativ klar. Was das wissenschaftlich auszuarbeiten sein sollte ist mir nicht klar, höchstens noch juristisch/praktisch. Ich erinnere mich dunkel, dass sogar die FSF dazu mal Stellung genommen hat. Vielleicht ist in den FAQ was.
Gruß, Bernhard