Bernhard Reiter reiter@fsfeurope.org schrieb:
Am Donnerstag, 22. April 2010 19:55:44 schrieb Volker Grabsch:
Da du das schon mehrfach erwähnt hast: Kannst du das an einem konkreten Beispiel illustrieren?
[...]
Einen Teil des Mechanismus zeigt die Geschichte von "Helios, der Lehrerin und den Medien", siehe http://mail.fsfeurope.org/pipermail/fsfe-de/2009-August/003788.html . Die Intention des Schreiber, Ken Starks, wird durch selektive Wahrnehmung der Medien so verfälscht, dass er sie nicht mehr richtigstellen kann. In den Suchmaschinen kommt auch nur der erste Blogeintrag vorn vor, [...]
Vielen Dank, das ist ein sehr schönes Beispiel, und ich sehe nun die grundsätzliche Problematik.
Im konkreten Fall kann ich dir aber nicht zustimmen. Die "Medien" haben zwar versäumt, an der Fortsetzung der Geschichte dran zu bleiben, doch dafür haben sie etwas viel wichtigeres richtig gemacht:
Sie haben auf den Original-Artikel verlinkt!
Diese Tatsache macht einen fundamentalen Unterschied. Es ist eine große Errungenschaft des Webs, dass sich eine Kultur gebildet hat, in der Quellenangaben endlich zur Normalität gehören. So etwas erlebt man bei den Printmedien höchstens im wissenschaftlichen Bereich.
Das Verlinken löst zwar nicht alle Probleme, aber schwächt sie gravierend ab. In dem konkreten Fall war es der Original-Artikel des Autors, der in Google ganz vorn landete - das ist doch richtig und fair! Unfair wäre es, wenn irgendein Aggregator stattdessen an diese Position gekommen wäre.
Viel wichtiger ist aber die Tatsache, dass er dadurch die _Kontrolle_ über diesen meistverlinkten Artikel hat. Es wäre ein Leichtes gewesen, dem Artikel einen kurzen "Update"-Abschnitt voranzustellen, wo er die Sache mit wenigen Worten richtig stellt und auf seinen zweiten Artikel verlinkt.
Hätte er das noch am gleichen Tag getan (die Reaktionen auf seinen Artikel kamen ja sehr schnell), dann hätte er damit noch sehr viele Leute erreichen können. Und als netter Nebeneffekt hätte das seinen zweiten Artikel in Google auch weiter nach oben gepusht. Sein zweiter Artikel wäre dadurch sicher auch vielen Bloggern aufgefallen, die es dann weiter verbreitet hätten.
Doch von dieser großartigen Möglichkeit, die es im Web im Gegensatz zum Print gottseidank gibt, hat er leider keinen Gebrauch gemacht.
Ich will damit nicht die Medien in Schutz nehmen. "Große Geschichten und kleine Dementi", das ist in der Tat eine Schweinerei. Doch solange sie gut sichtbar auf die Quellen verlinken, hält sich das alles in Grenzen.
Genau das lässt mich übrigens auch die vielen, vielen Fehler in Fefes Blog verzeihen: Er gibt stets seine Quellen an.
Aber da du diesen Standpunkt verteidigt, obwohl du offenbar viel praktische Erfahrung mit der Kultur der Freien Software hast, würde mich einmal wirklich am konkreten Beispiel interessieren, woher dieses Unbehagen der Leute kommt.
Die Gefahr ist real dass die eigene Arbeit geschluckt wird, von jemanden der viel mehr Mittel und Aufmerksamkeit hat und sich die Arbeit einverleibt.
Ich denke, solange es einen klaren, einfachen Weg vom abgeleiteten zum ursprünglichen Werk gibt, etwa einen Hyperlink, wird die Aufmerksamkeit einigermaßen fair verteilt.
Fehlt dieser, dann ist das natürlich ein großes Problem, da stimme ich dir zu.
Gruß,
Volker