FSFE unterstützt Demonstration "Freiheit statt Angst" - "Nur die Daten sammeln, die tatsächlich gebraucht werden!"
Die Free Software Foundation Europe (FSFE) unterstützt die Demonstration "Freiheit statt Angst" [1], die am 22. September in Berlin stattfindet. Der Deutschland Koordinator der FSFE Bernhard Reiter erläutert: "Innenminister Dr. Schäuble will 80 Millionen Bundesbürger unter Generalverdacht stellen, weil er meint, jährlich etwa 10 sogenannte Online-Durchsuchungen durchführen zu müssen. Nicht nur, dass Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis zueinander stehen. Viel schlimmer ist, dass damit ein Angriff auf unsere Kultur und unser Rechtssystem unternommen wird. Gerade wir Deutsche sollten aus unseren schlechten Erfahrungen mit derlei Spitzeldiensten gelernt haben. Und schließlich wird unsere Exportwirtschaft Schaden nehmen: Wer kauft schon Software, von der man annehmen muss, dass sie von den Behörden des Heimatlands mit Spionageelementen verseucht ist?" Außerdem weist die FSFE darauf hin, daß "Regierungen wechseln, die Daten hingegen bleiben erhalten" und zieht daraus den Schluss: "Nur die Daten sammeln, die wirklich gebraucht werden!"
FSFE Mitglied und Sicherheitsexperte Werner Koch geht auf die technischen Aspekte ein. "Da unterschiedliche Betriebssysteme existieren, wird es wohl nicht eine allgemeine Software für die Online-Überwachung geben - sondern eher einen Werkzeugkasten für staatlichen Einbruch." Koch schliesst daraus, dass der Staat in den Interessenkonflikt gerät, denn einbruchsichere Rechner wären dann ein Hindernis. "Wenn der Staatsdienst in den Rechner einbrechen kann, dann können es auch andere, mit weit weniger guten Absichten." Laut Koch würde in der Praxis wohl eher der Rechner physikalisch manipuliert werden, z.B. indem eine Tastaturaufzeichner installiert wird. Durch so eine "Wanze" wäre es dann einfach möglich, verschlüsselte Nachrichten abzuhören.
Neben dem "Bundestrojaner" haben die Vorratsdatenspeicherung, die Video- überwachung öffentlicher Plätze oder die elektronische Gesundheitskarte eine ähnliche Bedeutung - auch wenn sie weniger im Rampenlicht stünden: "Die Art von Aktionismus, die mit derlei Maßnahmen verbunden ist, ist nicht im Interesse der Menschen. Im Gegenteil: die Menschen werden zusätzlichen Missbrauchsrisiken ausgesetzt.", fällt Bernhard Reiter sein Urteil.
Die FSFE sieht die Freie Software in zweierlei Hinsicht betroffen: Zum einen kann insbesondere Freie Software sicher gemacht werden. "Müssen wir damit rechnen, daß in Deutschland keine sichere Freie Software mehr entwickelt und benutzt werden darf, wenn sich diese Sicherheit bis zum Innenminister herumgesprochen hat?", fragt Reiter. Zum anderen sorgt sich der FSFE Deutschland Koordinator darum, "daß Freie Softwareentwickler durch den so genannten Hackerparagraphen [2] abgeschreckt werden. " So würde Freie Software regelmäßig international geschrieben und viele Werkzeuge können in mehrfacher Hinsicht genutzt werden: Um in einen Rechner einzubrechen, oder um Rechner und deren Sicherheitsstufe zu analysieren. Der Gesetzgeber hat laut FSFE und anderer Experten hier ohne Not eine Unsicherheit geschaffen, wann ein Werkzeug erlaubt sei. Somit würden weniger entwickelt und Computergüte schlechter untersucht. "Von derlei Gesetzen profitieren chinesische Kriminelle künftig noch mehr, denn auch die Bundesregierung bekommt weniger Werkzeuge, um sich selbst zu sichern.", sagt Bernhard Reiter und kommt zu dem Schluß: "Letztlich müsste die Bundesrepublik sich abschotten, und den Austausch von Expertise auf diesem Gebiet deutlich einschränken. Damit laufen wir Gefahr, weitere Kompetenzen und kreative Menschen zu verlieren, welche wir in unserem Land dringend brauchen".
[1] www.FreiheitstattAngst.de [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Hackerparagraf
Über die Free Software Foundation Europe:
Die Free Software Foundation Europe (FSFE) ist eine gemeinnützige, regierungsunabhängige Organisation, die in vielen europäischen Ländern aktiv und in zahlreiche globale Aktivitäten involviert ist. Der Zugang zu Software entscheidet, wer an der digitalen Gesellschaft teilnehmen kann. Freie Software wird dadurch definiert, dass sie von jedem Menschen uneingeschränkt benutzt, verändert und weitergegeben werden kann. Nur Software, die diese Kriterien erfüllt, ermöglicht Chancengleichheit im Informationszeitalter. Dies ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, die Entwicklung Freier Software aktiv zu unterstützen, und ihr dabei politische und rechtliche Sicherheit zu verschaffen, sind die wichtigsten Ziele der FSFE, die 2001 als Schwesterorganisation der nordamerikanischen FSF gegründet wurde.
Weitere Informationen über die Arbeit der FSFE finden Sie auf http://www.germany.fsfeurope.org/
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