[FSFE PR][DE] FSFE unterstützt Demonstration "Freiheit statt Angst" - "Nur die Daten sammeln, die tatsächlich gebraucht werden!"

Joachim Jakobs press at fsfeurope.org
Mo Sep 10 11:33:44 CEST 2007


FSFE unterstützt Demonstration "Freiheit statt Angst" - "Nur die Daten sammeln, die tatsächlich gebraucht werden!"

Die Free Software Foundation Europe (FSFE) unterstützt die Demonstration 
"Freiheit statt Angst" [1], die am 22. September in Berlin stattfindet. Der 
Deutschland Koordinator der FSFE Bernhard Reiter erläutert: "Innenminister 
Dr. Schäuble will 80 Millionen Bundesbürger unter Generalverdacht stellen, 
weil er meint, jährlich etwa 10 sogenannte Online-Durchsuchungen 
durchführen zu müssen. Nicht nur, dass Aufwand und Ertrag in keinem 
Verhältnis zueinander stehen. Viel schlimmer ist, dass damit ein Angriff auf 
unsere Kultur und unser Rechtssystem unternommen wird. Gerade wir 
Deutsche sollten aus unseren schlechten Erfahrungen mit derlei 
Spitzeldiensten gelernt haben. Und schließlich wird unsere Exportwirtschaft 
Schaden nehmen: Wer kauft schon Software, von der man annehmen muss, 
dass sie von den Behörden des Heimatlands mit Spionageelementen verseucht 
ist?"  Außerdem weist die FSFE darauf hin, daß "Regierungen wechseln, die Daten 
hingegen bleiben erhalten" und zieht daraus den Schluss: "Nur die Daten 
sammeln, die wirklich gebraucht werden!" 
 
FSFE Mitglied und Sicherheitsexperte Werner Koch geht auf die technischen 
Aspekte ein. "Da unterschiedliche Betriebssysteme existieren, wird es wohl nicht 
eine allgemeine Software für die Online-Überwachung geben - sondern eher einen 
Werkzeugkasten für staatlichen Einbruch." Koch schliesst daraus, dass der Staat 
in den Interessenkonflikt gerät, denn einbruchsichere Rechner wären dann ein 
Hindernis. "Wenn der Staatsdienst in den Rechner einbrechen kann, dann 
können es auch andere, mit weit weniger guten Absichten." Laut Koch würde in 
der Praxis wohl eher der Rechner physikalisch manipuliert werden, z.B. indem 
eine Tastaturaufzeichner installiert wird.  Durch so eine "Wanze" wäre es dann 
einfach möglich, verschlüsselte Nachrichten abzuhören.

Neben dem "Bundestrojaner" haben die Vorratsdatenspeicherung, die Video-
überwachung öffentlicher Plätze oder die elektronische Gesundheitskarte
eine ähnliche Bedeutung - auch wenn sie weniger im Rampenlicht stünden: 
"Die Art von Aktionismus, die mit derlei Maßnahmen verbunden ist, ist nicht 
im Interesse der Menschen. Im Gegenteil: die Menschen werden zusätzlichen 
Missbrauchsrisiken ausgesetzt.", fällt Bernhard Reiter sein Urteil. 

Die FSFE sieht die Freie Software in zweierlei Hinsicht betroffen: Zum einen kann 
insbesondere Freie Software sicher gemacht werden. "Müssen wir damit rechnen, 
daß in Deutschland keine sichere Freie Software mehr entwickelt und benutzt 
werden darf, wenn sich diese Sicherheit bis zum Innenminister herumgesprochen 
hat?", fragt Reiter. Zum anderen sorgt sich der FSFE Deutschland Koordinator 
darum, "daß Freie Softwareentwickler durch den so genannten Hackerparagraphen 
[2] abgeschreckt werden. " So würde Freie Software regelmäßig international 
geschrieben und viele Werkzeuge können in mehrfacher Hinsicht genutzt werden: 
Um in einen Rechner einzubrechen, oder um Rechner und deren Sicherheitsstufe 
zu analysieren. Der Gesetzgeber hat laut FSFE und anderer Experten hier ohne Not 
eine Unsicherheit geschaffen, wann ein Werkzeug erlaubt sei. Somit würden weniger 
entwickelt und Computergüte schlechter untersucht. "Von derlei Gesetzen profitieren 
chinesische Kriminelle künftig noch mehr, denn auch die Bundesregierung bekommt 
weniger Werkzeuge, um sich selbst zu sichern.", sagt Bernhard Reiter und kommt zu 
dem Schluß: "Letztlich müsste die Bundesrepublik sich abschotten, und den 
Austausch von Expertise auf diesem Gebiet deutlich einschränken. Damit laufen wir 
Gefahr, weitere Kompetenzen und kreative Menschen zu verlieren, welche wir in 
unserem Land dringend brauchen".

[1] www.FreiheitstattAngst.de
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Hackerparagraf

Über die Free Software Foundation Europe:

   Die Free Software Foundation Europe (FSFE) ist eine gemeinnützige,
   regierungsunabhängige Organisation, die in vielen europäischen
   Ländern aktiv und in zahlreiche globale Aktivitäten involviert
   ist. Der Zugang zu Software entscheidet, wer an der digitalen
   Gesellschaft teilnehmen kann.  Freie Software wird dadurch definiert,
   dass sie von jedem Menschen uneingeschränkt benutzt, verändert und
   weitergegeben werden kann. Nur Software, die diese Kriterien erfüllt,
   ermöglicht Chancengleichheit im Informationszeitalter. Dies ins
   öffentliche Bewusstsein zu rücken, die Entwicklung Freier Software
   aktiv zu unterstützen, und ihr dabei politische und rechtliche
   Sicherheit zu verschaffen, sind die wichtigsten Ziele der FSFE, die
   2001 als Schwesterorganisation der nordamerikanischen FSF gegründet
   wurde.

   Weitere Informationen über die Arbeit der FSFE finden Sie auf
   http://www.germany.fsfeurope.org/